28. Juni 2022. Das Thema des Stammtisches war der durch das am in Kraft getretene StaRUG mit § 102 geschaffene Haftungstatbestand bei Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und weitere Verpflichtete. Der Referent, Herr Buchalik, wies darauf hin, dass die in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Personen die Normadressaten sind, auch, wenn die vertragliche Beziehung nicht unmittelbar mit dem Berufsträger, sondern mit deren Gesellschaft besteht. Mit der Erweiterung auf andere Berufsgruppen wurden die Hinweis- und Warnpflichten als Instrument der Krisenfrüherkennung bestandsübergreifend gesetzlich verankert. Eine frühzeitige Warnung soll auch die Sanierungschancen des StaRUG ermöglichen.

Bei der Erstellung eines Jahresabschlusses für einen Mandanten haben Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte den Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes nach den §§ 17 bis 19 der Insolvenzordnung und die sich daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist. Herr Buchalik erläuterte Tatbestandsmerkmale bei der Verletzung der Warn- und Hinweispflicht. Schon ein verspäteter Hinweis zu Insolvenzantragspflichten kann für die oben genannten Personen haftungsauslösend sein.

Der Abschlussprüfer und derjenige, der mit der Prüfung von Insolvenzantragsgründen beauftragt ist, ist gut beraten, sich mit den gesetzlichen Voraussetzungen zum Vorliegen von Insolvenzantragsgründen vertraut zu machen. Vielfach fehlt ihm allerdings das Detailwissen, was ihn nicht von Haftungsrisiken befreit. Es empfiehlt sich im Übrigen für den Abschlussprüfer vorrangig erst einmal Insolvenzantragsgründe zu prüfen. Herr Buchalik erläuterte anhand des Gesetzestextes und einem Beispiel die Insolvenzantragspflichten.

Wurde wegen Verletzung der Hinweispflichten das Insolvenzverfahren zu spät eröffnet, kann sich der Schadensersatzanspruch auf den sogenannten Insolvenzvertiefungsschaden beziehen. Dieser bemisst sich nach der Differenz zwischen der Vermögenslage des Schuldners bei rechtzeitiger Antragstellung und der Vermögenslage im Zeitpunkt des tatsächlich gestellten Antrags, wobei eine Mehrung des Aktivvermögens zu berücksichtigen ist.

In Verträgen mit rechtlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte. Vorteilhaft für den Berater ist, dass der Mandant den Weg zu bezeichnen hat, für den er sich entschieden hätte, falls als Reaktion auf eine zutreffende Beratung mehrere objektiv gleich vernünftige Verhaltensmöglichkeiten in Betracht kommen. Dem Mandanten/Insolvenzverwalter trifft in einem solchen Fall die volle Beweislast, weil der Anscheinsbeweis bei der Möglichkeit alternativer Verhaltensweisen nicht durchgreift.

Die Teilnehmer des Stammtisches berichteten von ihren Erfahrungen der Berufsträger mit dem Haftungstatbestand. Neben entsprechenden Hinweisen haben Berufsträger vereinzelt nach einem entsprechenden Hinweis sogar die Erstellung eines Jahresabschlusses abgelehnt. Zudem berichteten Teilnehmer des Stammtisches davon, dass Berufsträger aufgrund §1 StaRUG verstärkt das Früherkennungssystem bei ihren Mandanten einfordern und prüfen, wenngleich die im Entwurf des StaRUG (Drucksachen 19/24181, 19/24903) vorgesehenen Regelungen zu Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Haftung nicht in das Gesetz aufgenommen wurden.

Die Präsentation des Vortrages stellen wir allen Mitgliedern des BV ESUG gerne zur Verfügung.

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