Sanierung ohne Insolvenz – Insolvenzverfahren vermeiden mit Hilfe des neuen StaRUG

Die deutschen Firmen sind vor allem dank der staatlichen Hilfszahlungen besser durch die Corona-Krise gekommen als anfangs befürchtet. Die große Insolvenzwelle ist ausgeblieben. Allerdings variiert diese Bestandsaufnahme bei der Betrachtung einzelner Branchen und Unternehmensgrößen stark.

Mit dem Klimawandel und steigenden Rohstoffpreisen kommen zudem bereits die nächsten Herausforderungen auf die Unternehmen zu, die im Einzelfall eine existenzielle Bedrohung haben können.

Dabei sind Unternehmen dank der Reform im Insolvenzrecht einer Krise heute lange nicht mehr so schutzlos ausgesetzt wie früher. Denn der Gesetzgeber hat seit 2021 mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (kurz: StaRUG) ein neues Restrukturierungsverfahren geschaffen, das helfen soll, eine Insolvenz zu vermeiden.

In welcher Situation sich ein solches Restrukturierungsverfahren eignet, wie die Voraussetzungen lauten und unter welchen Umständen es für Firmen Sinn macht, vielleicht doch eine Sanierung unter Insolvenzschutz zu überdenken, erfahren Sie auf dieser Seite.

1. In welcher Situation kommt eine Restrukturierung nach StaRUG in Betracht?

Ziel und Zweck des neuen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens als Bestandteil des StaRUG ist es, grundsätzlich fortführungswürdigen Unternehmen mit wirtschaftlichen Problemen eine Perspektive zu geben und durch die präventive Restrukturierung eine Insolvenz soweit möglich zu vermeiden.

Dieses Ansinnen des Gesetzgebers überrascht mit Blick auf die Entwicklung der Gesetzgebung seit Einführung der Insolvenzordnung 1999 nicht. Denn seitdem rückt die Sanierung von Unternehmen in der Krise mehr und mehr in den Fokus.

Hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen im Jahr 2012 zunächst die Eigenverwaltung weiter gestärkt, steht bei dem am 01.01.2021 in Kraft getretenen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nun die Förderung der Sanierung außerhalb der Insolvenz im Mittelpunkt.

2. Voraussetzungen für eine Restrukturierung nach StaRUG

Damit die Regelungen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens genutzt werden können, muss der Schuldner drohend zahlungsunfähig sein.

Die Definition einer drohenden Zahlungsunfähigkeit liefert dabei das Insolvenzrecht, genauer gesagt § 18 InsO.

Danach liegt eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist dabei ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.

Sie haben Fragen zu der Reform im Insolvenzrecht oder haben für Ihr Unternehmen eine drohende Zahlungsunfähigkeit festgestellt und möchten sich über Ihre Optionen informieren? Dann nehmen Sie unverbindlich Kontakt zu einem unserer Berater in Ihrer Nähe auf.

3. Welche Vor- und Nachteile hat das StaRUG?

Ein großer Vorteil ist zunächst, dass das neue Restrukturierungsverfahren nicht im Insolvenzrecht geregelt ist und es sich damit auch nicht um ein Insolvenzverfahren handelt.
Weitere Vorteile sind:

  • Das Restrukturierungsverfahren wird nicht veröffentlicht
  • Der Schuldner kann sich auch gegen den Willen vereinzelter Gläubiger entschulden
  • Anders als bei einem Insolvenzplan können von einem Restrukturierungsplan nur bestimmte Gläubiger betroffen sein
  • Niedrigere Kosten, da kein Insolvenzverwalter vorhanden
  • Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen sieht zahlreiche Instrumente vor, die die Sanierung unterstützen sollen
  • Bei kleineren Unternehmen oder einem selbständigen Unternehmer eignet sich der vorgeschaltete Versuch einer Sanierungsmoderation, die ebenfalls im StaRUG geregelt ist

Es gibt jedoch auch Nachteile, die dazu führen, dass sich eine Vorgehensweise nach StaRUG primär für eine finanzwirtschaftliche Restrukturierung eignet:

  • Ungünstige Verträge können nicht beendet werden
  • Pensionsverpflichtungen oder andere Arbeitnehmerforderungen können nicht abgeschnitten werden
  • Es wird kein Insolvenzgeld gezahlt
  • Arbeitsrechtliche Kündigungsfristen werden nicht verkürzt

Ist also eine operative Sanierung erforderlich, würde sich ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung besser eignen.

Das neue Gesetz eröffnet dabei im Rahmen der Krisenfrüherkennung weitere Handlungsoptionen, die sich außerhalb der Insolvenz bewegen und so einen stärkeren Anreiz geben sollen, diese auch zu nutzen.

Nehmen Sie bei weiteren Fragen gerne Kontakt zu einem unserer spezialisierten Berater auf.

4. Wie läuft eine Restrukturierung nach StaRUG ab?

Hat die Geschäftsleitung eines Unternehmens Entwicklungen festgestellt, die das Unternehmen gefährden könnten, hat sie entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organe Bericht zu erstatten, § 1 StaRUG.

Das eine Restrukturierungsverfahren gibt es jedoch nicht. Vielmehr bietet das Gesetz mehrere Optionen und Vorgehensweisen.

Sanierungsmoderation

Zunächst kann versucht werden, eine Lösung mit den in Frage kommenden Gläubigern im Rahmen einer Sanierungsmoderation zu erreichen. Das Verfahren wird durch einen Antrag bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht gestartet, welches bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Sanierungsmoderator bestellt.

Dem Antrag sind insbesondere beizufügen:

  • Ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis des Vermögens
  • Eine Erklärung, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt
  • Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Person ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, muss auch erklärt werden, dass keine Überschuldung vorliegt

Das Restrukturierungsgericht bestellt den Sanierungsmoderator für drei Monate. Der Zeitraum kann gegebenenfalls um bis zu drei weitere Monate verlängert werden.

Ziel der Sanierungsmoderation ist der Abschluss eines Sanierungsvergleichs. Wird dieser auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt, ist er nur unter sehr engen Voraussetzungen anfechtbar.

Die Vorteile der Sanierungsmoderation liegen darin, dass das Verfahren sowohl von der Dauer als auch vom finanziellen Aufwand überschaubar ist und sich daher vor allem auch für kleinere Unternehmen eignet.

Der Nachteil daran ist, dass sämtliche von dem Vergleich betroffenen Gläubiger dem im Rahmen der Sanierungsmoderation ausgehandelten Sanierungsvergleich zustimmen müssen. Hierzu ist ein Gläubiger grundsätzlich nicht verpflichtet. Lehnt ein Gläubiger den Vergleich ab, ist über einen Restrukturierungsplan eine Lösung möglich.

Sie denken über eine Entschuldung nach und schätzen die Aussichten auf eine Einigung mit Ihren Gläubigern als positiv ein? Diese sorgen sich jedoch vor einer möglichen Anfechtung? Dann ist die Sanierungsmoderation eine sinnvolle Lösung.

Nehmen Sie Kontakt zu einem unserer Berater auf und besprechen Sie gemeinsam die weitere Vorgehensweise.

Restrukturierungsplan (ggf. unter Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei Gericht)

Ist ein Sanierungsvergleich aufgrund widersprechender Gläubiger absehbar (auch im Rahmen einer Sanierungsmoderation) nicht darstellbar, kommt eine Entschuldung über den Restrukturierungsplan in Betracht.

Dieser kann zwar grundsätzlich ohne gerichtliche Hilfe erstellt und den Planbetroffenen zur Abstimmung gestellt werden. Im Falle eines oder mehrerer widersprechender Gläubiger ist jedoch eine gerichtliche Planbestätigung erforderlich. Denn nur dann treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen gegenüber allen Planbetroffenen, also auch Widersprechenden, ein.

Bei der gerichtlichen Planbestätigung handelt es sich um ein sogenanntes Stabilisierungsinstrument. Das StaRUG bietet zur Förderung der Restrukturierung diverse solcher Instrumente an. Diese lauten wie folgt:

  • Vollstreckungs- und Verwertungssperre
  • Gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind
  • Gerichtliche Planabstimmung
  • Gerichtliche Planbestätigung

Damit diese Instrumente genutzt werden können, muss zunächst eine Anzeige des Restrukturierungsvorhabens an das zuständige Restrukturierungsgericht erfolgen.

Ist die Anzeige ggf. erfolgt und liegt das Planangebot den hiervon betroffenen Gläubigern vor, folgen die Verhandlungen.

Seinen Abschluss findet das Planverfahren im (ggf. außergerichtlichen) Erörterungs- und Abstimmungstermin über den Plan samt gerichtlicher Bestätigung.

Kommt es unter Vorliegen der erforderlichen Mehrheiten zu einer außergerichtlichen Planannahme, kann auf Antrag des Schuldners wie bereits erwähnt ebenfalls eine gerichtliche Bestätigung erfolgen. Damit treten die Wirkungen des Plans auch in diesem Fall für alle Planbetroffenen ein.

Sie haben Fragen zum Restrukturierungsplanverfahren oder suchen nach einer Unterstützung bei der Durchführung eines solchen Verfahrens? Dann nehmen Sie unverbindlich Kontakt zu einem unserer Berater auf.

5. Worin besteht der Unterschied zwischen einer Sanierung mittels StaRUG bzw. unter Insolvenzschutz?

Ein bedeutsamer Unterschied ist zunächst, dass eine Sanierung unter dem StaRUG nur möglich ist, wenn der Unternehmer oder das Unternehmen drohend zahlungsunfähig ist.

Des Weiteren sieht das Insolvenzrecht deutlich stärkere Eingriffsmöglichkeiten vor. So kann das Unternehmen im Rahmen einer Insolvenz in Eigenverwaltung auch operative Sanierungsmaßnahmen ergreifen, die im Restrukturierungsrahmen in der Form nicht vorgesehen sind. Hier sei nur an folgende Punkte gedacht:

  • Beendigung ungünstiger Verträge
  • Kündigungsfrist von Arbeitnehmern beträgt max. 3 Monate
  • Es gibt kein Insolvenzgeld

Ist lediglich eine finanzwirtschaftliche Sanierung erforderlich, stellt das StaRUG mit der Sanierungsmoderation und dem Restrukturierungsplanverfahren jedoch gute Lösungen zur Verfügung.

Besonders hilfreich dürfte dabei sein, dass das Unternehmen sich aufgrund des frühzeitigen Tätigwerdens in einer wirtschaftlich besseren Position befindet und mehr Handlungsspielraum bei einem Sanierungsvergleich bzw. Restrukturierungsplan hat.

Da die Verfahrensarten nicht im Insolvenzrecht geregelt sind und es sich daher auch nicht um ein Insolvenzverfahren handelt, ist die Außenwahrnehmung deutlich besser.

Da das Verfahren nicht veröffentlicht wird und nur einzelne Gläubiger betroffen sein können, lässt sich die Außenwirkung zudem bis zu einem gewissen Grad steuern und beherrschen.

6. Fazit

Das neue Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen hat der außergerichtlichen Sanierung drohend zahlungsunfähiger Wirtschaftsteilnehmer einen Schub gegeben.

Kam es bislang stets auf einen einvernehmlichen Sanierungsvergleich mit den betroffenen Gläubigern an, können nach der Reform im Insolvenzrecht nun einzelne Gläubiger durch die Erreichung entsprechender Mehrheiten überstimmt und die Sanierung gegen ihren Willen durchgesetzt werden. Hierfür steht das neu eingeführte Restrukturierungsplanverfahren zur Verfügung.

Bei diesem Restrukturierungsverfahren handelt es sich nicht um eine Insolvenz und nur bestimmte Gläubiger können von den Sanierungsmaßnahmen betroffen sein. Hierdurch lässt sich die Außenwirkung einer solchen Maßnahme besser steuern und beherrschen.

Leidet das Unternehmen allerdings auch unter strukturellen Problemen und lassen sich diese auf absehbare Zeit nicht klären, ist ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung die empfehlenswerte Alternative.

Wenn Sie Beratung hinsichtlich der Änderungen im Insolvenzrecht wünschen, kontaktieren Sie uns. Unsere erfahrenen Berater unterstützen Sie gerne.

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