BV ESUG Online-Stammtisch zum Thema – EU Richtlinienentwurf zur weiteren Harmonisierung des Insolvenzrecht

28. November 2023 – 18:00 Uhr. Rechtsanwalt Dr. Utz Brömmekamp (Partner der BBR Buchalik Brömmekamp Rechtsanwaltsgesellschaft mbH) referierte auf unserem letzten Online-Stammtisch im Jahr 2023 über den EU-Richtlinienentwurf zur weiteren Harmonisierung des Insolvenzrechts. Hauptziele dieses Entwurfs sind die Optimierung der Rückführung von Vermögenswerten in die Insolvenzmasse, die Effizienz von Insolvenzverfahren und die gerechte Verteilung der Insolvenzmasse an die Gläubiger. Die dabei angestrebte Vereinheitlichung wesentlicher Insolvenzvorschriften ist Teil des Aktionsplans zur Förderung der EU-Kapitalmarktunion.

Der Richtlinienentwurf gliedert sich in mehrere Titel. Titel II befasst sich mit Anfechtungsklagen und enthält Kapitel zu allgemeinen Bestimmungen, besonderen Voraussetzungen und Wirkungen von Anfechtungsklagen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger vorgenommen wurden, unter bestimmten Voraussetzungen für nichtig erklärt werden können.

Bei den Anfechtungsklagen sind Handlungen zu prüfen, die die Insolvenzmasse benachteiligen können, wie etwa Geschäfte oder Schenkungen. Der Richtlinienentwurf enthält Fristen für Anfechtungsklagen und auch Verjährungsfristen. Insgesamt zielt die Richtlinie auf eine Mindestharmonisierung und einen Mindestschutz der Gläubiger ab, um die Integrität der Insolvenzverfahren zu stärken und eine gerechtere Behandlung der Gläubiger zu gewährleisten. In der Präsentation wurde deutlich, dass Deutschland im Wesentlichen die von der EU geforderten Regelungen bereits im Insolvenzrecht verankert hat, während andere Länder erst noch gesetzliche Regelungen für Anfechtungsansprüche schaffen müssen.

Titel III des Entwurfs konzentriert sich auf das Aufspüren von Vermögenswerten, die zur Insolvenzmasse gehören. Kapitel 1 ermöglicht Insolvenzverwaltern den Zugang zu Kontoinformationen, während Kapitel 2 die Nutzung von Treuhand- und Vermögensregistern vorsieht. Optional könnten auch Grundbücher und Schiffsregister hinzukommen. Ziel ist es, Insolvenzverwaltern den Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen, damit sie Vermögenswerte im In- und Ausland effektiv verwerten können.

Titel IV behandelt das Pre-Pack-Verfahren, ein beschleunigtes Liquidationsverfahren, bei dem das Unternehmen des Schuldners als fortgeführtes Unternehmen an den Meistbietenden verkauft wird, um das Vermögen des Schuldners zu liquidieren. Es gibt klare Regeln für die vorinsolvenzlichen Vorbereitungsphasen, die Verwaltung während des Verfahrens und die Liquidationsphase selbst. Hierbei erfolgt eine Übertragung von betriebsnotwendigen Verträgen auf den Investor ohne Zustimmung des Vertragspartners, ausgenommen der Erwerber/Investor ist ein Wettbewerber des Gläubigers/Rechteinhabers.

Titel V betont die Pflicht der Unternehmensleitung, bei Zahlungsunfähigkeit innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis ein Insolvenzverfahren zu beantragen. Darüber hinaus wird eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmensleitung für Schäden, die den Gläubigern durch eine Unterlassung entstehen, gefordert.

Titel VI konzentriert sich auf ein vereinfachtes Liquidationsverfahren für insolvente Kleinstunternehmen. Er definiert klare Kriterien für solche Unternehmen und legt Regeln für die Eröffnung des Verfahrens, die Feststellung der Insolvenzmasse, die Verwertung der Vermögenswerte und die Entschuldung der Unternehmer fest. Herr Dr. Brömmekamp wies darauf hin, dass ein solches Verfahren durch eine zielgerichtete Erreichung der Kriterien vormals größerer Unternehmen auch missbräuchlich genutzt werden könnte.

Titel VII beschreibt die Einsetzung und Arbeitsweise des Gläubigerausschusses, der die Interessen der Gläubigergemeinschaft vertritt und über verschiedene Arbeitsmethoden und Kompetenzen verfügt  (z. B. Unterstützung, Überwachung, Zustimmung).

Insgesamt zielt der neue EU-Richtlinienentwurf im Rahmen der Förderung der EU-Kapitalmarktunion auf eine Vereinheitlichung und Verbesserung der Regeln und Verfahren für Insolvenzverfahren, Liquidationen und Gläubigerschutzmechanismen in der EU ab.

Der BV ESUG stellt die vollständige Präsentationsunterlage seinen Mitgliedern im Mitgliederbereich unter folgendem Link zur Verfügung:
Online-Stammtische.

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